EU-Abgeordnete wollen Schiffe in Emissionshandel einbinden

EU-Abgeordnete wollen Schiffe in Emissionshandel einbinden

In Brüssel werden verbindlichere Klimaziele für die Seeschifffahrt gefordert. Die Häfen begrüßen einen neuen Vorstoß im Parlament. Die Reeder dagegen sind skeptisch.

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat sich dafür ausgesprochen, den Seehandel ab 2023 in das Europäische Emissionshandelssystem ETS (Emissions Trading System) zu integrieren. Die Regelung soll dann in Kraft treten, wenn sich die Branche bis 2021 nicht auf ein eigenes, global gültiges System zur Senkung der CO2-Emissionen einigt. Im Rahmen der Seeschifffahrts-Organisation IMO (International Maritime Organization) wird an einer solchen Lösung zwar gearbeitet. Doch vielen geht der dort angestoßene Prozess nicht schnell genug.

„Im maritimen Sektor gibt es große Potenziale, die Emissionen durch den Einsatz von bereits am Markt verfügbaren Technologien zu senken. Trotzdem ist derzeit davon auszugehen, dass die Emissionen des Sektors in Zukunft sogar noch deutlich steigen werden“, sagte die schwedische EU-Abgeordnete Jytte Guteland nach dem Beschluss vom 15. Dezember auf Anfrage von „Green Shipping News“. Wenn die EU die im Klimaabkommen von Paris angestrebten Ziele einhalten wolle, müssten alle Branchen ihren Beitrag leisten. „Ich denke, es ist da ganz selbstverständlich, dass auch die Schifffahrt in die Pflicht genommen wird“, sagte die Sozialdemokratin, die sich gemeinsam mit Politikern von anderen Fraktionen im EU-Parlament für den Beschluss eingesetzt hatte.

Ähnlich sehen es auch die europäischen Hafenbetreiber. Nach bisherigem Stand seien von der IMO frühestens ab 2023 konkrete Maßnahmen zu erwarten, hieß es in einer Pressemitteilung des Port of Rotterdam. „Viel zu spät“, sagte Hafenchef Allard Castelein. „Die Pläne sind nicht ambitioniert genug.“ Entsprechend unterstützt der niederländische Hafen die Forderung, die Schifffahrt ab 2023 in das ETS einzubinden, wenn die Maßnahmen der Branche zur Senkung der CO2-Emissionen bis dahin nicht ausreichend sind.

Sechs Jahre müssen ausreichen“

Die Europäische Seehäfenorganisation ESPO betonte, dass eigentlich die IMO in dieser Frage die „richtige Plattform“ für eine Lösung sei. Insofern sei der im Oktober vom zuständigen Ausschuss der Organisation beschlossene Fahrplan ein guter Ansatz – und die sechs Jahre bis 2023 sollten ausreichen, um klare Klimaziele sowie Schritte zu deren Umsetzung voranzutreiben. Aber: „Wenn die Frist nicht eingehalten wird, müssen die Maßnahmen der EU eingeführt werden“, hieß es in einer Stellungnahme von ESPO. Gleichzeitig müsse klar sein, dass im Falle einer Einigung auf globaler Ebene bis 2023 von einer Umsetzung der Pläne auf EU-Ebene abzusehen sei.

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) sieht das Nebeneinander der beiden Ansätze allerdings kritisch. „Der Beschluss des EU-Umweltausschusses für eine parallele europäische Sonderregulierung ist eine Degradierung des globalen Maßnahmen- und Zeitplans, den die Mitgliedstaaten der IMO im Zusammenspiel mit den Klimaschutz-Vereinbarungen von Paris und Marrakesch aufgestellt hat“, sagte Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VDR. Die Pläne würden zudem die Abstimmung des Industrieausschusses des Europäischen Parlaments konterkarieren, der sich im Oktober mit deutlicher Mehrheit gegen die Einbeziehung der Seeschifffahrt in das ETS ausgesprochen habe.

Dachverbände kündigen Widerstand an

Die jüngste Entscheidung des Umweltausschusses – die Teil einer Abstimmung über eine generelle Reform des ETS war – ist noch nicht bindend. Voraussichtlich im Frühjahr 2017 wird das gesamte EU-Parlament über den Beschluss abstimmen. Der internationale Reederei-Dachverband ICS (International Chamber of Shipping) kündigte an, gemeinsam mit dem europäischen Verband ECSA (European Community Shipowners’ Associations) daran zu arbeiten, sowohl das Plenum des Parlaments als auch die Kommission der EU sowie die Mitgliedsstaaten zu einer Ablehnung des Vorschlags des Umweltausschusses zu bewegen.

Der deutsche Reederverband begründet seine Ablehnung auch mit der Sorge um den heimischen Standort. „Ein EU-Emissionshandel für die Schifffahrt wird europäische Reeder im Wettbewerb benachteiligen und weiter Arbeitsplätze in der maritimen Wirtschaft Europas gefährden – ohne positive Auswirkungen auf das Klima“, sagte Nagel.

Denkbar wäre aber auch ein anderer Effekt. Das zumindest legt eine Studie des Umweltbundesamtes zum Thema nahe. „Die Einbindung des Seeverkehrs in den EU ETS kann helfen, die Führungsposition in Umwelttechnologien gegenüber den Wettbewerbern aus Fernost weiter auszubauen“, heißt es in der Publikation aus dem Jahr 2010. „Von solchen Dynamiken würde auch die deutsche Maschinenbau-Industrie profitieren.“