Der Wind weht zwar nicht beständig. Dafür schickt er keine Rechnung. Auch an Bord von Schiffen ließen sich laut einer Studie große Potenziale erschließen.
Systeme zur Nutzung des Windes als ergänzenden Schiffsantrieb gibt es viele. Zur Marktreife hat es bisher jedoch keines geschafft. Dabei sind die Potenziale enorm. Das zeigt eine aktuelle Studie, die auf der „Blue Week“ im niederländischen Den Helder vorgestellt wurde. Mit bereits vorhandener Technik sind demnach Treibstoff-Einsparungen im zum Teil zweistelligen Prozentbereich möglich – und deren Einsatz käme auf bis zu 10.700 Schiffen infrage. Für einen Durchbruch fehlt aber offenbar noch der Mut zu den erforderlichen Investitionen.
Im Auftrag der Europäischen Kommission nahm das Institut CE Delft nicht nur die Marktchancen der Windkraftnutzung auf Schiffen unter die Lupe, sondern auch die Marktbarrieren. Es gebe eine ganze Reihe von Maßnahmen, die die verschiedenen Akteure, einschließlich der Europäischen Kommission, ergreifen könnten, um die Hemmnisse zu überwinden, sagte die CE-Delft-Forscherin Dagmar Nelissen im Rahmen der „Blue Week“ vom 10. bis 13. April 2017. Besonders wichtig sei „die Entwicklung einer standardisierten Methode zur Bewertung der Technologien“.
Bisher steht die Branche den Angaben zufolge vor einem Henne-Ei-Problem: Einerseits gibt es noch nicht genügend Daten zu Langzeit-Erfahrungen mit den neuen Systemen, andererseits haben die Hersteller oft keinen Zugang zu dem für Demonstrationsprojekte notwendigen Kapital. Die Autoren der Studie empfehlen daher eine gezielte Förderung, um verlässliche Informationen zu den Einsparpotenzialen verschiedener Lösungen allgemein verfügbar zu machen.
„Saubere“ Entlastung für den Hauptmotor
Als alleiniger Antrieb ist der Wind in der Handelsschifffahrt nur in absoluten Ausnahmefällen eine Option – nicht nur weil Flauten jeden Fahrplan durchkreuzen würden, sondern auch weil die beim Manövrieren im Hafen oder in engem Fahrwasser erforderliche Präzision nicht gegeben wäre. Doch auf längeren Strecken über offenes Meer kann ein mit herkömmlichem Kraftstoff betriebener Motor auf diese Art wesentlich entlastet werden.
Nach Berechnungen des CE Delft ermöglichen Flügelsegel und Flettner-Rotoren Einsparungen zwischen 5 und 18 Prozent. Besonders geeignet seien diese beiden Systeme für große Schiffe und bei höheren Fahrtgeschwindigkeiten, heißt es. Für Zugdrachen wird ein Einsparpotenzial zwischen 1 und 9 Prozent angegeben, für Windturbinen eines von immerhin 1 bis 2 Prozent. Bis zum Jahr 2030 könnten den Angaben zufolge, abhängig vom Ölpreis und anderen Rahmenbedingungen, auf Containerschiffen, Massengutfrachtern und Tankern insgesamt 3700 bis 10.700 Anlagen installiert werden. Dies würde demnach den CO2-Ausstoß um 3,5 bis 7,5 Millionen Tonnen reduzieren.
Weitere Informationen:
– Zusammenfassung der Studie (mit Link zur Vollversion) auf der Website des CE Delft
– Online-Präsenz der „International Windship Association“ (IWSA)