Antifouling-Mittel Selektope: effektiv und trotzdem "sauber"

Neuartiges Antifouling-Mittel: effektiv und trotzdem „sauber“

Bewuchs am Schiffsrumpf erhöht den Wasserwiderstand und damit den Verbrauch an Treibstoff. Das mehrfach ausgezeichnete „Selektope“ verspricht Abhilfe.

Ein Start-up aus Göteborg hat in den vergangenen Monaten eine Art Abonnement auf hochkarätige Awards der Schifffahrtsbranche gehabt – wegen eines Produkts, das nach Einschätzung einiger Experten den Markt für Antifouling-Anstriche geradezu revolutionieren könnte. Zehn Jahre forschte ein kleines Team von Wissenschaftlern der Firma I-Tech an dem Projekt. Herausgekommen ist eine biotechnologische Entwicklung mit dem Namen Selektope. Was steckt dahinter?

Ausgangspunkt der Überlegungen war das Problem, dass Schiffsrümpfe und andere unter Wasser befindliche Oberflächen regelmäßig von starkem Bewuchs betroffen sind. Die Ansiedlung von Mikroorganismen, Pflanzen und kleinen Tieren ist oft so stark, dass der Strömungswiderstand des Schiffes erheblich steigt. Entsprechend erhöht sich der Treibstoffverbrauch – nicht selten um Werte im zweistelligen Prozentbereich. Die zusätzlichen Kosten für die Branche gehen in die Milliarden.

Traditionelle Antifouling-Mittel, mit denen der Bewuchs eingedämmt werden soll, setzen meist auf Chemikalien und Schwermetalle. Das kann zwar mitunter effektiv sein, für die Umwelt ist es aber oft sehr schädlich. Selektope dagegen ist eine organische Verbindung, die den Schiffsrumpf „sauber“ hält, die Meeresökologie aber kaum beeinflusst. Das Mittel bringt die Larven des Rankenfußkrebses dazu, von einer behandelten Oberfläche wegzuschwimmen. Eine Anhaftung der Tiere am Rumpf wird somit verhindert. Um diesen Effekt zu erzielen, genügt bereits eine sehr geringe Konzentration von Selektope in einer Antifouling-Farbe.

Nach Abschluss der Labortests wurde die Wirkung von Selektope ab 2009 im praktischen Einsatz geprüft. Die schwedischen Reedereien Marinvest und Laurin Maritime stellten dafür einige ihrer Schiffe zur Verfügung. Und die Ergebnisse überzeugten nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Schiffseigner. In den folgenden Jahren erhielt I-Tech dann die erforderlichen Zulassungen, zunächst in mehreren asiatischen Ländern und zum 1. Januar 2016 für die EU. Im August brachte der japanische Farbenhersteller Chugoku Marine Paints die ersten Produkte mit Selektope auf den Markt.

Parallel wurde I-Tech mit renommierten Preisen ausgezeichnet. Im April erhielt das Unternehmen in Amsterdam den „European Marine Engineering Award“ in der Kategorie „Environmental Performance“. Im November wurde Selektope in London mit dem „Tanker Shipping & Trade Environmental Award“ geehrt. Bei dem ebenfalls in London verliehenen „Ship Efficiency Awards“ erhielt das Antifouling-Mittel eine Würdigung als Finalist in der Kategorie „Environmental Technology“. „Nach den vielen Jahren, die wir in Forschung und Zertifizierung sowie in die Sicherung der Markt- und Produktionsreife gesteckt haben, war dieses Jahr ein echter Durchbruch für Selektope“, sagt I-Tech-Chef Philip Chaabane.

In vergangenen Jahrzehnten wurde für die Beschichtung von Schiffsrümpfen häufig der Wirkstoff TBT (Tributylzinn) eingesetzt. Seit 2008 ist dies jedoch international verboten. Denn das Gift ist nachweislich nicht nur für Wasserorganismen gefährlich, sondern – am Ende der Nahrungskette – auch für den Menschen. Als Alternative sind derzeit vor allem Produkte auf Basis von Kupferverbindungen auf dem Markt. Diese hochwirksamen und oft schwer abbaubaren Substanzen, die nach und nach bewusst ins umgebende Wasser freigesetzt werden, sind aber ebenfalls sehr umstritten. Laut Umweltbundesamt können auch sie unerwünschte Wirkungen auf die im Wasser lebenden Organismen haben.

 

Weitere Informationen:
Video des Unternehmens I-Tech über Selektope
„Biocide Selektope Could Revolutionize Anti-fouling“ (Fachartikel im „Marine Executive“)