Die vierte Treibhausgas-Studie der IMO dämpft die Erwartungen der Branche. Zugleich stellt sie klar, wie sehr auch nationale Regierungen in der Verantwortung sind.
Bis 2050 werden die Emissionen der globalen Schifffahrt um bis zu 50 Prozent zunehmen. Das zumindest wird in einer neuen Studie prognostiziert, die ein Konsortium unter Leitung des Instituts CE Delft im Auftrag der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO erstellt hat. Dies würde bedeuten, dass die Branche ihre Klimaziele weit verfehlen würde. Grund dafür ist laut den Autoren, dass die absehbaren Einsparungen durch höhere Effizienz voraussichtlich nicht mit dem Wachstum des Warenverkehrs mithalten werden.
Allein in den Jahren 2012 bis 2018 sind die Treibhausgas-Emissionen der Schifffahrt nach Angaben des CE Delft um 9,6 Prozent gestiegen – von 977 Millionen Tonnen auf 1076 Millionen Tonnen. Im selben Zeitraum habe die Branche zwar Effizienzgewinne von etwa 11 Prozent erzielt, aber diese seien deutlich geringer gewesen als der Anstieg der Gesamtemissionen durch die Zunahme des globalen Handels, heißt es in einer Pressemitteilung. Und dieser Trend werde sich in den kommenden Jahrzehnten wohl fortsetzen.
Das britische UMAS (University Maritime Advisory Services), das ebenfalls an der Treibhausgas-Studie beteiligt war, weist auch darauf hin, dass 30 Prozent aller Schifffahrtsemissionen in die Zuständigkeit von nationalen Regierungen fallen – ein doppelt so großer Anteil, wie in bisherigen Studien angenommen. Nicht nur die IMO, sondern auch die einzelnen Staaten stünden somit vor enormen Herausforderungen, betont das Beratungsunternehmen. Es müssten „robuste, eindeutige politische Maßnahmen“ ergriffen werden, um die Schifffahrt zügig von der Nutzung fossiler Brennstoffe wegzubekommen.
Die erste Treibhausgas-Studie der IMO war im Jahr 2000 veröffentlicht worden, die zweite und dritte folgten in den Jahren 2009 und 2014. Die Studien gelten als wichtige Grundlage für die umweltpolitischen Entscheidungen der Organisation. Die nächste Sitzung des Umweltausschusses MEPC, die ursprünglich für März und April geplant war, ist nun für den 16. bis 20. November angekündigt. Ähnlich wie die meisten anderen bevorstehenden Sitzungen der IMO soll sie wegen der Corona-Pandemie als weitgehend virtuelle Konferenz abgehalten werden.