Der „Green Deal“ soll Europa nachhaltig machen. Nun hat Brüssel ein Gesetzespaket präsentiert, das auch in der maritimen Branche vieles verändern könnte.
Wie vom Parlament gefordert, hat sich nun auch die Kommission der EU für eine Einbindung der Schifffahrt in den europäischen Handel mit Emissionszertifikaten ausgesprochen. Im Rahmen eines geplanten Gesetzespakets unter dem Motto „Fit for 55“ könnten zudem weitere Regelungen mit erheblicher Bedeutung für die maritime Branche eingeführt werden. Hintergrund des Vorstoßes auf regionaler Ebene ist das von vielen Seiten als zu langsam kritisierte Tempo der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO beim Thema Klimaschutz.
Die Einbindung in das Emissions Trading System (ETS) soll innerhalb von drei Jahren stufenweise erfolgen und für alle Schiffe ab 5000 Bruttoregistertonnen gelten – unabhängig davon, unter welcher Flagge die Schiffe verkehren. Fahrten zwischen zwei oder mehreren Häfen innerhalb der EU würden den Plänen zufolge vollständig erfasst. Wenn Start oder Ziel außerhalb der EU lägen, sei eine Berechnung der auf der Gesamtreise verursachten Emissionen zu 50 Prozent vorgesehen, heißt es in einem von der EU-Kommission veröffentlichten Dokument.
Parallel soll eine Initiative mit dem Namen „FuelEU Maritime“ den Einsatz von alternativen Kraftstoffen mit geringerem Treibhausgehalt fördern. In dem präsentierten Vorschlag dazu werden konkrete Ziele genannt: Bis zum Jahr 2030 soll die Treibhausgasintensität gegenüber dem Flottendurchschnitt von 2020 um sechs Prozent sinken, bis 2040 um 26 Prozent und bis 2050 um 75 Prozent. Der geographische Geltungsrahmen soll der gleiche sein wie beim ETS.
Darüber hinaus will die EU-Kommission bisherige Steuerprivilegien im Seeverkehr abschaffen. Künftig sollen für verschiedene Schiffstreibstoffe verschiedene Mindeststeuersätze gelten. Bei deren Höhe soll auch berücksichtigt werden, in welchem Maße in bestimmten Teilen der maritimen Branche das Risiko einer „Verlagerung der Emissionsquellen“ besteht – dass also Schiffe zur Umgehung der neuen Steuern einfach außerhalb der EU betankt würden.
Im Falle einer Umsetzung des „Fit for 55“-Pakets wären derweil auch die europäischen Häfen gefordert. Vorgesehen ist nämlich auch ein deutlicher Ausbau der Infrastruktur zur Versorgung von Schiffen mit Landstrom. Alle Binnenhäfen sollen zur Installation von mindestens einer Landstromanlage verpflichtet werden und in den Seehäfen sollen alle Container- und Passagierschiffe künftig zu großen Teilen von der Kaikante aus mit Elektrizität versorgt werden.
Bis 2050 will die EU-Kommission Europa zum ersten „klimaneutralen Kontinent“ machen. Ein Etappenziel bei diesem „Green Deal“ ist es, bis 2030 die CO2-Emissionen der EU gegenüber 1990 um 55 Prozent zu reduzieren – daher das Motto „Fit for 55“. Auch die Schifffahrt müsse dabei einen „fairen Beitrag“ leisten, heißt es. Zugleich betont die EU-Kommission, dass sie Entwicklungen auf internationaler Ebene verfolgen werde und Anpassungen des eigenen Systems etwa an eine künftige Regelung der IMO möglich seien. Aber „wir können es uns nicht leisten, zu warten, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen“.
Weitere Informationen:
– Pressemitteilung der Kommission zu den geplanten Maßnahmen für die Schifffahrt
– Q&A der Kommission: „Sustainable transport, infrastructure and fuels“
– Q&A der Kommission: „Emissions Trading – Putting a Price on carbon“